„Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ (Offenbarung/„Apokalypse“ des Johannes 1, 8)
Große Glocke Vorderseite
Große Glocke Rückseite

Von „apokalyptischen“ Ereignissen hört man manchmal berichten. Das sind jene von der Art, wie sie das letzte Buch der Bibel, die „Apokalypse des Johannes“, sehr bildhaft und symbolisch schildert. Solche Ereignisse waren z.B. die beiden Weltkriege, denen so viele und so vieles zum Opfer fielen, auch die früheren Glocken; die Diktaturen mit ihrer jeweiligen Ideologie wären zu nennen, deren Meinungsmacher viele dem Glauben und der Kirche entfremdeten, und die treue Gemeinde gehört dazu, ja um die geht es eigentlich, in der Apokalypse des Johannes. Das war in Großrückerswalde besonders aktuell z. Zt. des Kirchenkampfes im sogenannten 3. Reich, als hier die „Bekennende Kirche“ sich sammelte. Damals entstanden auch die sogenannten Bibelwochen und man las gerne die ersten Kapitel der Apokalypse des Johannes, ohne die Zeitereignisse gleichsetzen zu wollen. Die Kulissen waren anders, aber das Spiel war ähnlich wie in den ersten Generationen der Christen.

Johannes ist entweder der Apostel und Evangelist oder ein anderer damals in Kleinasien bekannter Christ gleichen Namens. Er erhält Botschaft des lebendigen Gottes für seine Kirche auf Erden, repräsentiert durch 7 Gemeinden in der westlichen Türkei, damals Teil des römischen Reiches.

Sie durchlebten eine Krise, genauer eine Verfolgung, mit der Johannes auf die Insel Patmos verbannt war. Am „Tag des Herrn“ (dem Sonntag) war er bis vor Kurzem mit der Gemeinde versammelt gewesen, mit ihr dem Herrn Lob zu singen und ihn anzurufen, ihn als Retter und Heiland zu verkünden, im Gebet und im Hlg. Mahl dem kommenden Herrn entgegenzusehen. Nun erlebte er einen Tag des Herrn ohne dies alles, als Verbannter auf der Insel ohne den gewohnten Rahmen, aber nicht ohne den Herrn. Im Gegenteil:

Er wird angeredet, ihm werden Visionen zuteil. Er wird beauftragt zu schreiben von dem, „was er sieht und was ist und was geschehen soll.“

„Ich bin das A und da O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige“. So etwa offenbarte sich Gott dem Mose im Alten Testament, so wird der Gottesname (3. Mose 3, 14 - JHWH) übersetzt und weiter geschrieben. Die Hoheit und Heiligkeit Gottes tut sich darin kund.

Im Folgenden tritt der Christus in Erscheinung. In der Herrlichkeit des Auferstandenen, des Erhöhten, mit Insignien eines königlichen Hohenpriesters, inmitten von 7 Leuchtern, die 7 Gemeinden (die Gesamtheit) bedeuten. Johannes fiel zu Boden „Und Er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot und siehe, Ich bin lebendig von Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Totenreichs“ (Kp. 1, 17/18). Was in der Kirche, in den Gemeinden geschieht, ist Weiterführung und Fortsetzung dessen, was mit Jesus Christus neu wurde. Mit anderer Ausdrucksweise sagen das auch andere Stellen des Neuen Testamentes.

Wie hat es sich hier in Großrückerswalde fortgesetzt?

Als ich 1½ Jahre nach erfolgter Wahl hier eingeführt wurde, folgten dem alsbald Kirchweih (mit 2. Feiertag) und Erntedank. Hoch erfreulich war, dass nicht nur diese „Highlights“, sondern überhaupt die sonn- und feiertäglichen Gottesdienste in aller Regel gut besucht waren, auf allen Emporen Teilnehmer aller Generationen saßen. Chor, Posaunenchor, Instrumentalkreis, Kurrende, manchmal auch ein Solobläser waren im Wechsel im Einsatz und halfen mit, den Gottesdienst zu „einem kleinen Fest“ zu gestalten, wie Kantor Eimert formulierte.

Der Kindergottesdienst wurde zunächst nach dem Hauptgottesdienst gehalten, später dann parallel. Die beteiligten Helfer wurden nun zum Träger des Ganzen.

So hielten wir den „Tag des Herrn“.

Auch die hl. Taufe wurde möglichst einbezogen, sofern sie nicht gesondert oder in Verbindung mit der Trauung der Eltern des Täuflings am Samstag gefeiert wurde. An einem Mai-Wochenende führte das zu einer Ausnahmesituation, sodass insgesamt 3 Trauungen und 5 Taufen am Samstag stattfanden, am Sonntag Sakramentsgottesdienst und gegen Abend eine besondere Kirchenmusik.

Das Hl. Abendmahl hielten wir möglichst regelmäßig und einbezogen in den Hauptgottesdienst, nicht mehr angehängt. Da es ein festliches Vermächtnis Jesu Christi ist und Wurzel des christlichen Gottesdienstes, ließ ich zur Ausspendung gern singen „Großer Gott, wir loben dich“. Die Tendenzen im Luth. Weltbund, in der Ökumene, in bruderschaftlichen Kreisen und Arbeitsgemeinschaften wiesen in die Richtung der „Evang. Messe“, auch die Augsburger Konfession.

Die Konfirmation wurde von relativ vielen in der 8. Klasse angestrebt, auch die Nachkonfirmation (1 Jahr nach der kirchlicherseits abgelehnten Jugendweihe) wurde gern angenommen. Es waren schöne Feiern am Palmsonntag, manchmal in verschneiter Landschaft, wenn auch bei manchen der Weg dahin etwas schwierig war.

Sehr erfreulich war bzw. wurde die Jugendarbeit, die durch örtliche junge Leute (Johannes Heyn) und durch den Jugendwart Heiße, Marienberg, geleitet und geleistet wurde und zu der viele sich einladen ließen. Von auswärts angeregt, fuhren junge Leute zu einer „Kirchenwoche“ nach Mecklenburg mit Arbeitseinsatz tagsüber und evangelistisch gestalteten Abenden in einer kirchlich ärmlichen Gegend.

Bei uns schien eine alte Scheune auf dem Pfarrgelände, zunächst für das Einstellen von landwirtschaftlichen Gerät und anderem genutzt, geeignet, für Gemeinderäume „um- und ausgebaut“ zu werden. Ein Neubau wäre nicht genehmigt worden. Das aber wurde angegangen von baukundigen Kirchvorstehern und Gemeindegliedern, auch aus der etwas älteren Jungen Gemeinde. Baupfleger Güttler beriet uns bestens.

Besonders an vielen Sonnabenden kamen freiwillige Helfer, wurden viele Stunden Arbeitseinsatz geleistet. Materialbeschaffung für Eigenleistung war das Problem, nicht so sehr die Finanzen. Mehr als die 30.000 Mark pro Jahr, die auf der „unteren Ebene“ genehmigt werden konnten, waren sowieso nicht zu verbauen. Es wurde von mehreren Seiten geholfen, von den kirchlichen Stellen und von weltlichen, wo es ja auch kritisches Beobachten gab.

Es ist sehr viel Grund, dankbar zu sein, nicht zuletzt dafür, dass kein nennenswerter Unfall geschah. Die Umstände waren manchmal recht riskant.

Das schöne Gebäude wurde feierlich eingeweiht und fleißig genutzt von der Gemeinde, ihren Gruppen und Kreisen aller Generationen, von auswärtigen Rüstzeiten, zu familiären Feiern, auch der Pfarrfamilie. Ein Raum für den Friedhofsmeister Erhard Lindner und seine Helfer war geschaffen und auch eine Toilette für Friedhofs- und Kirchenbesucher war erstellt.

Unter den Gästen waren auch solche aus der Ökumene. Da kam – nur punktuell und von jetzt auf dann angemeldet, noch vor den Baumaßnahmen – ein luthereischer Pfarrer aus der Tamilenkirche in Indien. In das Lektionar, das wir improvisierend zum „Gästebuch“ machten, schrieb er: „Es freute mir sehr, sehr gut“ - die Fortsetzung englisch und tamilisch. Wir freuten uns auch. Es kamen weiterhin noch viele Gäste: Jugend auf ihrem Weg zum Treffen des Luth. Weltbundes in Ungarn, einige Lehrer aus der Partnerkirche Tansania, ein Jugendpfarrer auch von da, der uns lehrte zu singen und auch zu steppen „ Asante sana Jesu“. Bischof Dr. Queka aus Moshi besuchte die Ephorie, war bei einem „offenen Abend der Jugend“ in Marienberg dabei und bei der Einführung des Superintendenten, bei einer ökumenischen Feier in Kühnhaide und einer Kinderstunde in Drebach usw. Am Johannistag predigte er in Großrückerswalde auf dem Friedhof „The gospel is a power“ nach Röm. 1, 16. Er wurde im Trabant gefahren von Ort zu Ort. Auch aus Amerika kam ein luth. Bischof einige Monate vorher.

Außer Gemeindegruppen zu Rüstzeiten, auch für Konfirmanden, kamen „zur Zeit und zur Unzeit“ zahlreiche Leute, Christen oder nicht, die die alte Wehrkirche ansehen wollten, aber glücklicherweise nur selten die „Pfarrscheune“.

Gute Verbindung hielten wir mit Mauersberg und auch Arnsfeld (z. B. Predigttausch, Vertretung). Mit beiden Pfarrern war ich befreundet, zu Mauersberg haben viele Gemeindeglieder verwandtschaftliche Beziehungen. Jetzt ist mein Schulkamerad Kühnel schon seit einigen Jahren verstorben. Johannes Schönfelder wohnt mit seiner Frau Hedwig auch im hießigen Diakonissenhaus, aber im anderen Gebäude.

Mitarbeiter fanden sich hier eine ganze Schar, in heutigem Sprachgebrauch hauptamtliche, ehrenamtliche und solche, die da waren, wo es nötig war: Fritz Eimert, Kantor und Katechet und seine Frau in der Kanzlei, Walther Schreiter als Kirchenvater, Erhard Lindner als Glöckner, Heizer, Friedhofsmeister, Herbert Eusewig, der Schwerbeschädigte, der die Kirchenzettel austrug, Rudolf Bach, der den Posaunenchor leitete nächst dem Kantor, die Familien Hilbert und Jahn, die im Kirchenvorstand, im Scheunenbau, nachher im Scheunenausschuß, in der Jungen Gemeinde engagiert waren, Fritz Rösch und Familie, Böttchers, Schuffenhauers, Uhligs. Eigentlich scheue ich mich, sie alle zu nennen aus Sorge, jemand ungewollt zu übersehen. Dank allen, die noch leben und auch denen, die schon verstorben sind.

Großrückerswalde war besonders im Blickfeld des Leipziger Missionswerkes, weil es an Epiphanias eine unwahrscheinlich hohe Kollekte aufbrachte. In der noch weihnachtlich geschmückten Kirche wurde nachmittags und abends gefeiert. Auf dem Altar eine Krippe mit geschnitzten Figuren von Kirchenvater Walther Schreiter, brennende Kerzen – nunmehr von Glaszylindern geschützt – an Bänken und Emporen, Opfergang der Gemeinde zur Krippe, Briefumschläge mit Geld einlegend. Meistens hielt ein Gast aus dem Missionswerk Leipzig beide Gottesdienste bzw. Feiern, nachmittags mehr für Kinder und Gehbehinderte, abends mehr für die Gemeinde allgemein. Anschließend zählte der Kirchenvorstand die Kollekten.

Zur politischen Gemeinde hatten wir ein verhältnismäßig gutes Verhältnis. Der (CDU-) Bürgermeister und andere Mitglieder der (Ost-) CDU und des Gemeinderates waren uns wohlgesinnt. Das erfuhren wir z. B. beim Scheunenbau und auch bei der Gründung eines Heimes für trunksüchtig gewesene Frauen in Schindelbach, um das sich besonders auch die Landeskirchliche Gemeinschaft kümmerte. Die AGAS kam in unseren Bereich, nach der Wende das „Blaue Kreuz“. Der örtl. Vorsitzende der Landeskirchlichen Gemeinschaft war unser langjähriger Kirchenvater Walther Schreiter.

Der Kreisrat war für die Druckgenehmigung unseres Kirchlichen Nachrichtenblattes zuständig. Wir hätten eine solche, aber keine Zensur, wurde uns gesagt. Öfter als einmal wurde etwas beanstandet, mußte durch uns korrigiert werden. Unsre Bautätigkeit wurde wohl auch von dort kritisch beäugt.

Schwierig war das Verhältnis zur örtlichen Schule. Es hatte natürlich um das Gedicht „Die Weber“ vordem Streit gegeben, auch um andere mehr weltanschauliche oder praktische Dinge. Manche Schüler wollten früh eine Gebetsgemeinschaft. Also kamen sie vor dem Unterricht ins Pfarrhaus und hielten eine solche. Das wurde natürlich dem Pfarrer angelastet, der nicht dabei war, aber sein Amtszimmer zur Verfügung stellte.

Kritisch wurde es, als der Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“ abgeschafft werden sollte. Den trugen viele junge Leute. Mein Sohn ließ ihn übernähen mit einem Abzeichen meines Wissens aus den Beskiden oder der Hohen Tatra. So hatte der Schulleiter, der schon an der Schultür wartete, keinen Angriffspunkt.

Die Stasi ist ein Kapitel für sich. Was man in den Akten ersah, einschließlich geschwärzter Zeilen und Worte, war teils informativ, teils doch auch erheiternd, einiges auch sehr betrüblich. Es waren keine örtlichen Gemeindeglieder dabei, wohl aber bekannte Kontrahenten und 3 Decknamen.

An meine Vorgänger erinnern sich noch etliche Gemeindeglieder in Dankbarkeit. Als ich gefragt wurde, ob ich nochmals die Stelle wechseln würde, zögerte ich. Es war dies mit der Bitte verbunden, mich für Bräunsdorf zu bewerben. Manches sprach dafür, viele(s) sprach(en) dagegen. Ich bewarb mich dann doch, ohne Großrückerswalde „den Rücken zu kehren“.

In allem Wechsel der Zeiten und Tendenzen, die gerade „in“ sind, ist dies bleibende Wahrheit:

ICH bin das Alpha und das Omega, der erste und der letzte, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.

Dresden, 22. 03. 2018

Peter Leonhardi, Pfr. i. R.

 


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